Eisenbahn-Bundesamt

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Thema: Recht

Beispiele und Ausnahmen

Im Einzelnen sieht das Gesetz folgende Verbesserungen für den Fahrgast vor:

Unpünktlichkeit und Ausfall von Zügen im Fern- und Nahverkehr

  • Hat ein Zug eine Verspätung oder fällt er aus, muss das Eisenbahnunternehmen dem Fahrgast grundsätzlich eine Entschädigung zahlen. Diese wird wie folgt berechnet: Kommt der Fahrgast mit mindestens 60 Minuten verspätet am Zielort an, sind 25 % des Fahrpreises zu entschädigen. Liegt die Verspätung bei mindestens 120 Minuten, sind 50 % des Fahrpreises zu entschädigen. Hierbei wird immer der Wert der Fahrkarte für eine Verbindung zugrunde gelegt, bei Fahrkarten für Hin- und Rückfahrt wird ggf. der halbe entrichtete Fahrpreis als Basis für die prozentuale Entschädigung zugrunde gelegt. Dies gilt nicht, wenn die Verspätung auf höherer Gewalt beruht. Unter bestimmten Voraussetzungen muss das Eisenbahnunternehmen bei Verspätungen oder Ausfällen von Zügen außerdem eine Ersatzbeförderung und ggf. eine kostenfreie Unterkunft anbieten.

Beispiel: Fahrgast F möchte mit dem Zug von Darmstadt nach Kiel fahren. Die Fahrkarte hat 117 Euro gekostet. Der Regionalzug soll um 13.48 Uhr in Frankfurt am Main ankommen; der vorgesehene Anschlusszug soll um 13.58 Uhr nach Kiel abfahren und dort um 18.46 Uhr ankommen. Der Regionalzug hat in Frankfurt am Main aber 30 Minuten Verspätung, so dass F den Zug nach Kiel verpasst. F kommt erst um 20.02 Uhr in Kiel an. Da F sein Ziel mehr als 60 Minuten verspätet erreicht, erhält er 25 % des Fahrpreises, also 29,25 Euro, erstattet.
Sonderregeln gelten für Zeitfahrkarten wie etwa die Bahncard 100, Wochen-, Monats- oder Jahresfahrkarten. Hier greifen die genannten Pauschalen nicht. In diesen Fällen sind aber die Eisenbahnunternehmen verpflichtet, in ihren Beförderungsbedingungen eine angemessene Entschädigung vorzusehen, wenn der Fahrgast wiederholt Verspätungen erleidet. Sie können sich nicht vollständig von ihrer Ersatzpflicht freizeichnen.

  • Das Eisenbahnunternehmen kann von einer Zahlung absehen, wenn der Entschädigungsbetrag unter 4 Euro liegt (Bagatellgrenze).

Beispiel: F fährt mit dem Regionalzug von Lathen nach Emsdetten. Der Fahrpreis beträgt 15,20 Euro, die planmäßige Ankunft ist um 14.36 Uhr. Tatsächlich erreicht F Emsdetten aber eine Stunde später. F erhält dennoch keine Fahrpreisentschädigung in Höhe von 25 % des Fahrpreises, da der Betrag 3,80 Euro betragen würde und damit unterhalb der Bagatellgrenze liegt.

  • Zeichnet sich eine Verspätung von mindestens 60 Minuten ab, kann der Fahrgast auch von einer Fahrt absehen und Rückerstattung des Fahrpreises verlangen oder die Fahrt zu einem späteren Zeitpunkt auch mit geänderter Streckenführung durchführen.
  • Bei mindestens 60 Minuten Verspätung im Schienenpersonenfernverkehr sind den Fahrgästen kostenlos Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Rahmen anzubieten, wo dies möglich ist.

Unpünktlichkeit und Ausfall von Zügen im Nahverkehr

Für den Nahverkehr werden im Vergleich zu den Europäischen Vorgaben weitergehende Regelungen getroffen. Um Nahverkehr handelt es sich, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Zuges die Reiseweite nicht mehr als 50 Kilometer oder die Reisezeit nicht mehr als eine Stunde beträgt. Hier ist eine Fahrpreisentschädigung in der Regel nur von geringer Attraktivität, weil die Fahrkarten vergleichsweise preiswert sind. Im Vordergrund steht hier vor allem das Interesse des Fahrgastes, sein Nahverkehrsziel so schnell wie möglich zu erreichen.

  • Ist abzusehen, dass der Fahrgast mit einer ausschließlich für den Nahverkehr gültigen Fahrkarte wegen einer Unpünktlichkeit oder eines Ausfalls eines Zuges im Nahverkehr wenigstens 20 Minuten verspätet sein Ziel erreicht, kann er einen anderen Zug, insbesondere auch einen Zug des Fernverkehrs nutzen. Die Benutzung eines reservierungspflichtigen Zuges oder eines Zuges, der eine Sonderfahrt durchführt, kann jedoch nicht verlangt werden. Dies gilt nicht für Fahrgäste, die mit einer erheblich ermäßigten Fahrkarte reisen. Ob es sich um eine erheblich ermäßigte Fahrkarte handelt, kann den Beförderungsbedingungen des jeweiligen Eisenbahnunternehmens entnommen werden. Anmerkung: Das „Deutschlandticket“ gilt laut der Eisenbahnverkehrs-Verordnung als erheblich ermäßigte Fahrkarte.

Beispiel: F erwirbt eine Fahrkarte für den Regional-Express von Aschaffenburg nach Wiesbaden. Die fahrplanmäßige Abfahrt ist um 17.16 Uhr, die fahrplanmäßige Ankunft um 18.55 Uhr. F erfährt auf dem Bahnsteig, dass der Regional-Express erst mit einer Verspätung von 40 Minuten in Aschaffenburg und voraussichtlich sodann auch in Wiesbaden eintreffen wird. F darf nun anstelle des Regionalzugs den ICE von Aschaffenburg nach Frankfurt am Main benutzen, so dass er Wiesbaden um 18.58 Uhr erreicht. Hat er hierdurch Zusatzkosten gehabt, kann er diese ersetzt verlangen.

  • Wenn die fahrplanmäßige Ankunftszeit in die Zeit zwischen 0.00 Uhr und 5.00 Uhr fällt, kann der Fahrgast bei einer Verspätung von mindestens 60 Minuten auch auf ein anderes Verkehrsmittel (z.B. Taxi) umsteigen, wenn keine preisgünstigeren öffentlichen Verkehrsmittel mehr zur Verfügung stehen, um den Zielort zu erreichen. Der Erstattungsanspruch ist allerdings auf einen Betrag von 120 Euro begrenzt.

Beispiel: F möchte nach einem Opernbesuch am Mittwochabend um 0.41 Uhr mit dem Regional-Express von Berlin Hauptbahnhof nach Werder (Havel) fahren. Planmäßige Ankunft ist um 1.18 Uhr. Nach Ankunft auf dem Bahnhof erfährt F, dass der Zug wegen eines Defekts ausfällt. Der nächste Zug fährt erst um 4.35 Uhr. F kann ein Taxi nehmen und erhält die Taxikosten bis zu einem Betrag von 120 Euro ersetzt, wenn auch kein Bus mehr fährt.

  • Bei Ausfall des letzten fahrplanmäßigen Zuges des Tages kann der Fahrgast ebenfalls auf ein anderes Verkehrsmittel (z.B. Taxi) umsteigen, wenn er seinen Zielort ohne die Nutzung des anderen Verkehrsmittels nicht mehr bis um 24.00 Uhr erreichen kann. Auch hier ist der Erstattungsanspruch auf einen Betrag von 120 Euro begrenzt.

Beispiel: F will nach einem Besuch bei Freunden in Menden im Sauerland am Sonntagabend mit der Regionalbahn zurück nach Balve im Sauerland fahren. Auf dem Bahnsteig des Bahnhofs in Menden angekommen erfährt er, dass der letzte fahrplanmäßige Zug des Tages um 18.45 Uhr wegen eines Fahrwerkschadens ausfällt. Eine andere Möglichkeit, seinen Zielort mit öffentlichen Verkehrsmitteln bis um 24.00 Uhr zu erreichen, hat er nicht. F kann deshalb ein Taxi nehmen und erhält die Kosten bis zu einem Betrag in Höhe von 120 Euro erstattet.

Haftung bei Personenschäden

Bei einem Eisenbahnunfall müssen die Eisenbahnunternehmen, soweit ein Fahrgast getötet oder verletzt wurde, einen Vorschuss zahlen, der die unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse des geschädigten Fahrgasts oder seiner Angehörigen deckt. Wird ein Fahrgast getötet, beträgt dieser Vorschuss mindestens 21.000 Euro.

Rechte von Personen mit eingeschränkter Mobilität

Die Rechte von behinderten Personen und sonstigen Personen mit eingeschränkter Mobilität, etwa alte Menschen oder kleine Kinder, werden gestärkt. Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber werden verpflichtet, gemeinsam mit den Interessenvertretern der genannten Gruppen Zugangsregelungen für die Beförderung aufzustellen. Sie müssen dafür sorgen, dass der Bahnhof, die Bahnsteige, die Fahrzeuge und andere Einrichtungen für Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich sind. Soweit entsprechendes Personal vorhanden ist und der Unterstützungsbedarf vorher angemeldet wurde, werden die Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber verpflichtet, kostenlos Unterstützung beim Ein- und Aussteigen sowie bei der Fahrt zu leisten.

Informationspflichten der Eisenbahnunternehmen

Die Eisenbahnunternehmen müssen die Fahrgäste beim Fahrkartenverkauf bzw. während der Fahrt unter anderem darüber informieren, welche die kürzeste und preisgünstigste Zugverbindung ist, welche Rechte der Fahrgast hat, ob der Zug Verspätung hat und welche Anschlüsse erreicht werden können. Im Nahverkehr sind die Informationspflichten aus Praktikabilitätsgründen allerdings weniger umfangreich. Zum Beispiel muss das EVU den Reisenden über den nächsten Haltebahnhof, über Verspätungen, über Sicherheit und über Dienstleistungen im Zug informieren. Informationen über Anschlussverbindungen können hingegen entfallen. Außerdem können die Fahrgäste im Nahverkehr durch eine Zusammenfassung informiert werden. Die Information selbst kann durch Aushang oder Auslage sowie den Einsatz eines Informations- und Buchungssystems erfolgen.

Qualitätsmanagement, Beschwerdestellen und Schlichtung

Eisenbahnunternehmen müssen Qualitätsstandards festlegen und systematisch überprüfen. Diese beziehen sich auf Informationen, Fahrkarten, Pünktlichkeit, Verspätungen, Zugausfälle, Sauberkeit, Kundenbefragungen, Beschwerdebearbeitung und Hilfeleistung für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität. Ferner müssen alle Eisenbahnunternehmen sowie die Betreiber großer Bahnhöfe ein Verfahren zur Bearbeitung von Beschwerden einrichten. Die Eisenbahnunternehmen sind verpflichtet, die Fahrgäste in weitem Umfang sowie an auffälliger Stelle über die Kontaktdaten der Beschwerdestelle zu unterrichten. Die Beschwerde muss innerhalb von drei Monaten nach dem Vorfall eingereicht werden. Von dem betreffenden Unternehmen muss sie innerhalb eines Monats oder – in begründeten Fällen, und wenn der Fahrgast hierüber unterrichtet worden ist - innerhalb von spätestens drei Monaten beantwortet werden.

Zusätzlich wurden Beschwerdestellen bei den Eisenbahnaufsichtsbehörden eingerichtet, damit der Fahrgast eine Anlaufstelle hat, wenn er von einem Eisenbahnunternehmen oder Bahnhofsbetreiber nicht zufriedenstellend behandelt worden ist. Diese Möglichkeit besteht jedoch nur, wenn der Fahrgast zuvor erfolglos Beschwerde beim Eisenbahnunternehmen oder Bahnhofsbetreiber eingereicht hat. Gesetzlich klargestellt wird schließlich, dass der Fahrgast darüber hinaus die Möglichkeit hat, eine Schlichtungsstelle anzurufen. Die Kontaktdaten geeigneter Schlichtungsstellen finden Sie hier.

Ausnahmen

Keine Haftung trifft die Eisenbahnen für Verspätungen, die nachweislich außerhalb der Europäischen Gemeinschaft eingetreten sind.

Keine Haftung trifft die Eisenbahn, wenn der Fahrgast beim Kauf der Fahrkarte über die Verspätung informiert wurde oder wenn der Reisende tatsächlich vor Ablauf von 60 Min. am Zielort eingetroffen ist oder es sich um ein Verschulden des Reisenden selbst handelt.