Eisenbahn-Bundesamt

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Fachmitteilung 02 / 2023 vom: 27.02.2023, Thema: Bahnbetrieb

Verantwortung für die Sicherheit der im Gleis tätigen Personen

Die DB Netz AG hat mit Wirkung zum 16.01.2023 die überarbeitete Rahmenrichtlinie RRil 132.0118 V4 in Kraft gesetzt. Das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) prüft derzeit, ob die vorgenannte Richtlinie den Vorgaben der Verordnung (EU) 2018/762 und insbesondere denen des europäischen Arbeitsschutzrechtes entspricht. In diesem Zusammenhang weist das EBA vorab auf Folgendes hin:

Die volle Verantwortung für die Sicherheit der im Gleisbereich tätigen Menschen trifft jeden dort tätigen Unternehmer sowie die in § 13 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) genannten Personen wie beispielsweise Geschäftsführer, Werk- oder Betriebsleiter und schriftlich besonders beauftragte zuverlässige und fachkundige Personen. Sie haben auch für die funktionierende und sichere Arbeitsschutzorganisation ihres Unternehmens oder ihres Bereichs einzustehen. Diese Personen sind persönlich und darüber hinaus auch strafrechtlich für das Leben und die Sicherheit der in Gleisnähe tätigen Menschen verantwortlich.

Insbesondere hat der Arbeitgeber tätigkeitsbezogen die mit der Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln und über die notwendigen Schutzmaßnahmen zu entscheiden. Bei der Dimensionierung der Schutzmaßnahmen sind gemäß § 4 ArbSchG insbesondere tödliche Gefahren zu vermeiden, mindestens möglichst gering zu halten, und Gefährdungen an der Quelle zu bekämpfen und dabei der Stand der Technik (Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, der die praktische Eignung zum Gesundheitsschutz gesichert erscheinen lässt) zu berücksichtigen. Dies fordert mehr als nur die Einhaltung des technischen Regelwerks: Maßstab ist das Können der besten Ingenieure und Praktiker, nicht der Branchenstandard (BVerfG, Beschl. V. 08.08.1978 – 2 BvL 8/77 –, BVerfGE 49, 89; bei Juris Rdn. 107 und 108).

Bei Anwendung der Rahmenrichtlinie 132.0118 hat der Unternehmer, um seiner Verantwortung aus dem Arbeitsschutz gerecht zu werden, im Bereich der Sicherheitsorganisation besondere Sorgfalt walten zu lassen:

Für die Sicherungsplanung nach der vorgenannten Richtlinie der DB Netz AG ist bei Tätigkeiten im oder am Gleis durch jeden Unternehmer der Abschnitt 1 auszufüllen. Die DB Netz AG schlägt daraufhin eine Sicherungsmaßnahme vor, die sie durch Übersendung des Abschnittes 2 an den Unternehmer kundtut. Nach dem DB-Regelwerk hat der Unternehmer nun 24 Stunden Zeit, die Vereinbarkeit des Vorschlages mit seiner tätigkeitsbezogenen Ermittlung der Gefährdungen zu prüfen und zu entscheiden, ob der Vorschlag den oben beschriebenen Anforderungen aus §§ 4 und 5 ArbSchG einschließlich der Berücksichtigung des Standes der Technik Genüge tut. Reagiert der Unternehmer nicht, geht die DB Netz AG von seinem Einverständnis aus und wertet die spätere Einweisungsbestätigung in Abschnitt 6 des Sicherungsplanes als Zustimmung des Unternehmers.

Demzufolge darf im Abschnitt 6 nur derjenige unterschreiben, der im Sinne des § 13 ArbSchG Arbeitgeberverantwortung trägt. Dies ist unproblematisch, wenn der Unternehmer, ein Geschäftsführer oder ein Niederlassungsleiter selbst vor Ort entscheidet. Ansonsten darf aber nur entscheiden, wer zuverlässig, fachkundig und ausdrücklich schriftlich beauftragt ist. Dies schließt die Übertragung der notwendigen Befugnisse ein. Wirksam ist eine solche Beauftragung daher nur, wenn der Beauftragte nach Ausbildung, Persönlichkeit und Befugnissen dieser Aufgabe gewachsen ist. Dies setzt eine entsprechende Stellung in der Unternehmenshierarchie voraus. Als Faustregel ist dies mindestens die Ebene Meister / Techniker eines Unternehmens.

Für die Arbeitgeberverantwortung tragenden leitenden Personen im Sinne des § 13 ArbSchG bedeutet dies, dass sie für jeden eingereichten Abschnitt 1 tagesaktuell zu überwachen haben, ob ein Abschnitt 2 eingeht und dann binnen weniger Stunden prüfen müssen, ob mit der vorgeschlagenen Maßnahme ein ausreichender und grundsätzlich dem Stand der Technik entsprechender Schutz der eigenen Mitarbeiter gewährleistet ist. Ist dies nicht zuverlässig organisiert, übernimmt der Unternehmer oder der leitende Mitarbeiter diese Risiken unbemerkt und ungeprüft. Er steht persönlich und letztlich strafrechtlich dafür ein, dass die richtigen aus der Gefährdungsbeurteilung abgeleiteten Schutzmaßnahen ergriffen werden. Es empfiehlt sich daher dringend, auf jeden Fall durch geeignete und funktionierende Maßnahmen zu verhindern, dass ein Abschnitt 6 von einem Mitarbeiter unterschrieben wird, ohne dass zuvor eine positive Entscheidung durch den Arbeitgeber oder einen leitenden Mitarbeiter (im Sinne § 13 ArbSchG) erfolgt ist.

Für jeden, der den Abschnitt 6 eines Sicherungsplanes unterschreibt, bedeutet dies, dass er damit möglicherweise für sich und alle Kollegen gegenüber der DB Netz AG entscheidet, dass die Sicherungsmaßnahmen den Anforderungen des Arbeitsschutzes genügen. Kann er dann – beispielsweise wenn ein Kollege verletzt wurde – nicht nachweisen, dass zuvor eine positive Entscheidung durch den Arbeitgeber oder einen leitenden Mitarbeiter (im Sinne § 13 ArbSchG) erfolgt ist, hat der Unterschreibende für diese Entscheidung persönlich einzustehen.

Wichtig ist, dass die Schutzmaßnahmen immer auf die besonderen Gegebenheiten des Unternehmens, der dort tätigen Personen und der anfallenden Tätigkeiten und auf die örtlichen Gegebenheiten der Baustelle einschließlich der Randbedingungen wie Tageszeit, Helligkeit, Witterung usw. angepasst sind.

Diese Ausführungen gelten ganz besonders, wenn – aus welchen Gründen auch immer – auf der Baustelle die Sicherungsmaßnahmen verändert, das Schutzniveau gar abgesenkt werden soll. Hier bedarf es der Entscheidung des Unternehmers oder einer Arbeitgeberverantwortung tragenden Person, bevor mit Arbeiten begonnen oder diese fortgesetzt werden dürfen. Ohne genaue Kenntnis der Umstände und Prüfung der Gefährdungen einschließlich der notwendigen Schutzmaßnahmen darf diese Entscheidung keinesfalls getroffen werden. Dies bedingt – schon um den notwendigen Übereilungsschutz sicherzustellen – eine Entscheidung vor Ort. Schließlich ist diese Entscheidung durch eine Unterschrift im Teil 6 der überarbeiteten Sicherungsplanung zu dokumentieren.

Jedes im Gleisbereich tätige Unternehmen hat eigenverantwortlich für die Sicherheit seiner Beschäftigten und damit für die Einhaltung des Arbeitsschutzrechts zu sorgen. Ein Verweis auf das genannte Regelwerk entlastet dabei grundsätzlich nicht. Die DB Netz AG trägt vielmehr im Sinne eines effektiven und gleichberechtigten Zusammenwirkens zum Schutze der im und am Gleis tätigen Menschen eine zusätzliche Sicherheitsverantwortung.